Gebete im Gottesdienst

10.09.2021 | von Karin Granig
„Gott sei Dank! Dir ist nichts passiert!“ Stoßgebete schicken wir regelmäßig in den Himmel, ob bewusst oder unbewusst. Als Gebet bezeichnet man die Zuwendung zu einem göttlichen Wesen, das in Beziehung-Treten mit Gott.

Wenn wir in der Liturgie den Begriff „Gebet“ verwenden, unterscheiden wir zwischen dem persönlichen Gebet im Sinne von „Gespräch mit Gott“ und dem gemeinsamen Gebet mit (vor)formulierten Texten.

 

Im Allgemeinen

Das Zweite Vatikanische Konzil brachte einen großen Umbruch in der Liturgie: Das Volk, die versammelten Menschen werden als Träger*innen der Liturgie verstanden, nicht mehr der Priester alleine. Das bedeutet auch, dass alle Teile des Gottesdienstes von allen verstanden und mitgetragen werden sollen.

Dies wird deutlich im Amen, das ein Gebet abschließt: Die Gemeinde bestätigt die Worte der Feierleitung mit dem „Amen!“, das soviel bedeutet wie „So sei es!/ So soll es sein!“

„Amtsgebete“ werden jene Gebete genannt, die vom Vorsteher/von der Vorsteherin der Feier im Namen aller Anwesenden gesprochen werden. Dazu gehören das Tagesgebet (Eröffnungsgebet in der Wort-Gottes-Feier), in der Heiligen Messe auch das Gabengebet, das Schlussgebet, sowie das Hochgebet.

 

“Lasset uns beten!“

„Lasset uns beten:…“ – So beginnen Tages- und auch Schlussgebet. Dieses „Lasset uns beten“ ist tatsächlich als Aufforderung gemeint! Es ist eine Einladung, alles, was uns in der vergangenen Woche/heute dankbar macht, Freude oder Sorgen bereitet, Gott zu erzählen. Eine Einladung, sich an dieser Stelle Zeit zu nehmen für Stille, für ein persönliches Gebet, ein Wort mit Gott.

Um dies bewusst zu machen, kann das Tages- bzw. Eröffnungsgebet auch mal mit folgender Einleitung der Feierleitung begonnen werden: „Wir sind hierher gekommen mit allem, was uns freut, wofür wir dankbar sind, was uns Sorgen bereitet, traurig oder ängstlich macht. Nehmen wir uns jetzt etwas Zeit, um in Stille Gott zu erzählen, was uns in der vergangenen Woche/heute/ … bewegt hat und uns wichtig ist.“  Es folgt eine kurze Stille, die von der Feierleitung beendet wird. Es folgt entweder ein kurzes Tages- bzw. Eröffnungsgebet oder einfach der „klassische Schlusssatz“: „Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn.“

Auch wenn das Tagesgebet „klassisch“ formuliert wird und die Stille zuvor nur einen Atemzug lang ist, können wir uns einüben, in diesen wenigen Sekunden unser Herz nach Gott auszurichten: Ich denke an Gott oder ich spreche im Gedanken das Wort „Gott“ oder ich „seufze“ einmal im Gedanken.

Gottesdienst hat immer etwas mit unserem Leben und Alltag zu tun. Das Tagesgebet ist ein guter Ort, um unser Leben mit der Feier unseres Glaubens zusammenzubringen.

 

Aufgabe und formaler Aufbau der Amtsgebete

Innerhalb eines Gottesdienstes haben Gebete eine spezielle „Aufgabe“ oder Funktion. Man kann und soll nicht irgendein Gebet an irgendeiner x-beliebigen Stelle einfügen!

Die Amtsgebete haben einen eigenen „Aufbau“, an dem man sich orientieren kann:

  1. Einladung zum Gebet: „Lasset und beten“: oder „Wir wollen beten“: kann erweitert werden durch eine Situationsangabe oder ein Bibelwort, das macht den Kindern (und Erwachsenen) das Mitverfolgen des weiteren Gebetes leichter: z. B. „Jesus hat gesagt: Ich bin alle Tage bei euch. Darum bitten wir:“
  2. Kurze Stille (persönliche Besinnung)
  3. Anrede Gottes: Oft wird eine Eigenschaft Gottes genannt: „Großer, barmherziger, heiliger, guter, ... Gott“ In der Anrede kommt zum Ausdruck, welche Beziehung die Feiernden zu Gott haben. Daher ist es wichtig, dass durch die Anrede Gott nicht in unerreichbare Ferne gerückt wird. Grundsätzlich sind die Amtsgebete an Gott gerichtet (nicht an Christus).
  4. Aussage zum Handeln Gottes an uns: Die Taten Gottes werden genannt – als Begründung für unsere Bitten (z.B. „Im Regenbogen hast du ein Zeichen in den Himmel gesetzt, dass uns sagt, dass du unser Freund sein willst.“).
  5. Die Bitte ist Ausdruck dafür, dass wir offen sind für Gottes Wirken (z.B. „Hilf uns in Freundschaft mit dir und allen Menschen zu leben.“) Die Bitte muss so formuliert sein, dass sie Gott nicht vorschreibt, wie er nach unserer Vorstellung zu handeln hat und keine versteckte moralisierende Aussage enthält.
  6. Schlussformel: Christliches Beten ist in der Regel Gebet zum Vater durch Christus, unseren Mittler, der auch einer von uns geworden ist, ermöglicht durch den Heiligen Geist, die Beziehungskraft Gottes. Die Schlussformel muss ein deutliches Signal zum „Amen“ der Gemeinde geben.
  7. Zustimmung und Bekräftigung durch das „Amen“.

 

Die liturgischen Bücher richten sich in erster Linie an Erwachsene. Die im Messbuch enthaltenen Gebete sind also nicht automatisch immer kindgerecht bzw. für jüngere Kinder verständlich verfasst. Für die Hl. Messe gilt, dass die vorgeschlagenen Gebete durch andere, passendere aus dem Römischen Messbuch ausgetauscht oder auch umformuliert werden können, solange die Funktion und der Inhalt des Gebetes nicht verändert werden.1

Beim Hochgebet sei auf jene für die Feier mit Kindern hingewiesen, die in einer kleinen Broschüre in eigentlich jeder Sakristei vorkommen müssten. (Aufschrift „Fünf Hochgebete“).

 

 

 


aus KinderGottesdienstGemeinde Nr. 126

1Deut. Katecheten-Verein und Lit. Institut Trier (Hg.), Gottesdienst mit Kindern: Direktorium für Kindermessen, S. 24.

Karin Granig

ist Autorin bei dem Magazin KinderGottesdienstGemeinde.