1. Advent – Wie Weltuntergang
„Ich will, dass das aufhört!“, Timo zieht sich die Decke über den Kopf. Er hat richtig, richtig Angst. Und schon wieder zuckt er in seinem Bett zusammen: Ein Donner, so als ob das ganze Haus wackeln würde. Timo will die Nachttischlampe anknipsen. Nichts. Es bleibt dunkel – und laut – und unheimlich. Timo traut sich gar nicht mehr, sich zu bewegen. Er möchte gern zu seinen Eltern, doch sich im Dunkeln auf den Weg machen? Was ist, wenn …
Plötzlich geht die Tür zu seinem Zimmer auf. Er sieht einen Lichtschein – und einen Schatten. Schon will er sich wieder unter der Decke verkriechen. Da hört er eine Stimme hinter dem Licht – aus dem Schatten: „Timo! Timo, bist du wach?“ Die Stimme ist ihm vertraut. „Papa!!!“, ruft Timo und es ist, als ob ein riesiger Felsbrocken von seiner Brust fallen würde, der ihm die ganze Zeit die Luft abgeschnürt hatte. „Papa! Ich hatte solche Angst! Es donnert und blitzt so furchtbar und mein Licht geht auch nicht und meine Taschenlampe ist auch nicht da …“, ganz aufgeregt ist Timo. Papa kommt näher und setzt sich zu Timo aufs Bett. Timo kuschelt sich gleich ganz tief unter seinen Arm – ganz nahe zu dem Licht. „Ach, Timo, durch das Gewitter ist der Strom ausgefallen und ich hab auch keine funktionierende Taschenlampe gefunden. Zum Glück dekoriert Mama so gern.“, schmunzelt Papa. Da fällt es Timo auf: „Das ist ja die Laterne, die jetzt im Advent bei uns vor der Haustür steht.“ „Ja genau.“ Beide schauen in das Licht – ganz dicht zusammengekuschelt. Durch das Glas der Laterne dringt heller, wärmender Kerzenschein. Nach einer Weile sagt Timo: „Du, Papa – mein Herz schlägt gar nicht mehr so wild wie vorher. Danke, dass ihr gekommen seid, du und die Laterne.“
Aktion für zuhause:
Diese Woche wollen wir bewusst dem Licht Raum geben und uns auf die Adventzeit und das Kommen Jesu einstimmen.
- Jeden Abend (wenn möglich) versammeln wir uns für eine kurze Zeit und zünden die Kerze am Adventkranz an. Wir erzählen einander, was am heutigen Tag ein richtiges „Highlight“ war. Anschließend danken wir Gott dafür und schließen mit einem Segensgebet: Wir schauen in das Licht auf unserem Adventkranz. Wir schauen und werden ganz still. Wir sehen dem Flackern zu. Dabei atmen wir ein … und … aus.
Ein … und … aus. Kurze Stille.
In diesem Licht ist Gott uns ganz nah. – Wir reichen einander die Hände.
Er ist da, in den Menschen, die uns begegnen. – Wir schauen uns um.
In jedem Lächeln ist Gottes Liebe spürbar. – Wir lächeln einander an.
Und sagt uns: Ich bin da. – Wir drücken einander kurz die gefassten Hände.
So stärke und segne uns in dieser Woche Gott, der Vater, der Sohn und die heilige Geistkraft.
Alle: Amen.
- Oder wir laden an einem Abend Freunde und Bekannte zu einer gemeinsamen Laternenwanderung ein.
2. Advent – Gottesgeschenk
„Mama! Bist du noch bei der Arbeit?“ Lina hat die Tür zum Arbeitszimmer einen Spalt geöffnet und lugt durch die schmale Öffnung. „Ja, mich beschäftigt da was. Und ich such und such nach einer Lösung …“ Mama klingt etwas erschöpft. Jetzt steht auch Timo in der Tür: „Kannst du bitte trotzdem schnell mal ins Esszimmer kommen, uns ist da was passiert …“, drängt er. „Hoffentlich nichts, was sich nicht reparieren lässt“, sagt Mama leise und folgt den beiden ins Esszimmer. Der Tisch ist schön gedeckt. Die Sonntagstassen stehen auf dem Tisch, die Teekanne – und Kekse. Mama liebt Tee und Kekse. Aber sie kann beim besten Willen nichts entdecken, was nicht stimmen sollte. „Mama, wir haben für dich Tee gemacht – und für uns auch – freust du dich?“ Mama plumpst auf den Stuhl, den Timo ihr etwas unsanft unterschiebt. „Ob ich mich freue? Das ist gar kein Ausdruck. Kommt her ihr zwei! Lasst euch drücken – Timo, schau nicht so, das muss jetzt sein! – Ihr seid ein richtiges Gottesgeschenk!“ „Ist das was Gutes?“, fragt Lina. Timo rollt die Augen und Mama sagt: „Oja, das wertvollste Geschenk, das man sich überhaupt vorstellen kann!“
Bei der gemeinsamen Jause schaut Mama immer wieder den beiden Kindern zu, wie sie miteinander lachen, sich geschwisterlich ärgern … „Wie würde mein Leben aussehen, wenn es die beiden nicht geben würde? Wenn es manche Zufälle oder schicksalshafte Begegnungen oder bewusste Entscheidungen so nicht gegeben hätte …“ Sie überlegt und dann lächelt sie und denkt: „Ein Gottesgeschenk, die beiden. Was wohl noch auf die beiden wartet – was uns wohl noch als Familie erwartet? Welche Wege sie wohl noch vor sich haben?“ Und dann betet sie ganz leise in ihrem Herzen: Gott, bitte sei du mit ihnen auf dem Weg.“
Aktion für zuhause:
Diese Woche wollen wir unseren Begabungen nachspüren
- Wir versammeln uns in der Familie. Wir überlegen zuerst für uns selbst, was wir besonders gut können, das der Familie oder der Gemeinschaft (in Schule, Kindergarten, Arbeit …) nützt – unsere „Geschenkgaben“. Dann überlegen wir, was wir an den anderen schätzen, was sie gut können und in die Gemeinschaft einbringen.
Wir legen die Kärtchen mit unseren „Geschenkgaben“ in die Mitte.
Anschließend „übergeben“ wir die Gedanken, die wir uns zu den anderen gemacht haben mit: „Du bist ein Geschenk Gottes! Ich schätze an dir besonders …
- Variante: Die Woche über verteilen wir Post-Its, auf denen steht, was wir aneinander schätzen: „Du bist ein Geschenk Gottes! Ich schätze an dir …“ (das kann ganz heimlich geschehen).
3. Advent – Wie war nochmal der Code?
„Jetzt geh schon auf, du blödes Schloss!“ Timo schlägt mit der Faust gegen seinen Garderobenspind. „Hey! Was ist denn hier los?“ Timos Religionslehrer ist grad vorbeigekommen und bleibt stehen. „Timo, was ist los mit dir? So kenn ich dich gar nicht.“ Timo lässt den Kopf hängen und setzt sich auf die Bank. Der Lehrer setzt sich zu ihm: „Willst du drüber reden?“ Nach einer kurzen Stille stammelt Timo: „Ich – ich krieg das Schloss nicht auf. Ich komm nicht in meinen Spind. Mir fällt der Code nicht mehr ein.“ „Oje, diese Zahlenschlösser. Manchmal klemmt auch die Mechanik oder so, hab ich gehört.“ „Ich hab’s jetzt zigmal probiert!“ Timo ist genervt und traurig und wütend und enttäuscht und entmutigt und alles zugleich. „Was brauchst du denn so dringend aus deinem Spind?“, fragt der Lehrer. Stille. Dann fängt Timo an: „Kennen Sie den Amir aus der 2B? – Ich mein nur, weil der hat ja nicht Religion bei Ihnen.“ Der Lehrer lacht: „Na klar kenn ich ihn, was denkst du denn, der hat es gar nicht leicht, sein Vater hatte einen Unfall.“ „Ja genau und jetzt fehlt es grad an allen Ecken und Enden. Amir friert so. Er hat keine Winterjacke. Ich hab zwei. Die sind da drinnen. Ich will ihm eine borgen.“ Nach einer kurzen Weile: „Und dann ist da noch Kathi aus meiner Klasse – aber das dürfen Sie bitte niemandem sagen, weil sie will nicht, dass das jemand weiß. Versprechen Sie’s?“ „Versprochen“, willigt der Lehrer ein. „Sie hat nie eine Jause mit“, erzählt Timo, „weil die Miete so teuer geworden ist, dass sich ihre Eltern auch Lebensmittel nicht mehr so gut leisten können. Darum nehm ich ihr immer was von uns mit – und jetzt ist die Pause gleich rum und ich krieg das Schloss nicht auf!“ „Doch, du weißt, wie’s geht – probier nochmal – ganz in Ruhe.“ Timo richtet das Schloss und stellt den Code ein: Klick! Timo strahlt – also so, wie das für einen coolen Teenager nicht peinlich ist: „Yes!“ Und schon schnappt er die Sachen und verschwindet Richtung Klassenräume. Der Lehrer steht von der Bank auf und sieht Timo nach und denkt: „Yes. Ja, du hast den richtigen Code in deinem Herzen …“
Aktion für zuhause:
Diese Woche wollen wir über unsere Familie hinausschauen.
- Wir überlegen gemeinsam, ob es jemanden gibt, der unsere konkrete Hilfe braucht (soziale Einrichtung, Altersheim, Besuchsdienst usw.).
- Wir machen geheime Botschaften mit Zusagen, die Menschen eine Freude machen oder ihnen Mut machen und verteilen sie an verschiedenen Orten.
4. Advent – Es kribbelt
„Mama! Bei dir ist es brrrrr – so kalt!“, ruft Lina und hüpft zu Mama ins Bett unter die warme Decke. „Warum ist bei dir mitten in der Nacht mitten im Winter das Fenster offen?“ Lina kuschelt sich an Mama. „Hallo, kleine Maus, was machst du denn schon da?“ „Ich bin irgendwie aufgewacht …“, meint Lina. „Verstehe. Naja, es ist fast 6 Uhr. Papa ist grad los zur Arbeit, vielleicht hast du das irgendwie mitbekommen.“ „Durchs Fenster? – ruft Lina ungläubig. Mama schmunzelt: „Natürlich nicht. Papa macht das Fenster in der Früh immer für mich auf.“ „Warum das denn?“, unterbricht Lina. „Das wirst du gleich hören, wenn du in ein paar Minuten ganz still bist.“ Lina kennt sich überhaupt nicht aus. „Ich erklär’s dir“, sagt Mama. „Papa öffnet das Fenster, weil um 6 Uhr die Kirchenglocken zu läuten beginnen. Er weiß, dass der Klang für mich ganz wichtig ist. Da kuschle ich mich immer ganz tief in meine Decke – so wie du jetzt. Wenn ich den Klang höre, dann kribbelt es ganz angenehm in meinem Bauch vor Freude und Geborgenheit. Dann habe ich das Gefühl, dass Gott ganz nah bei mir ist.“ „Was? Ist Gott in deinem Bauch?“, will Lina wissen. „Aber nein!“, schmunzelt Mama. Und überlegt: „Aber doch irgendwo in mir – eher in meinem Herzen. Da habe ich dann das Gefühl, dass er mir Kraft schenkt und Mut und viele gute Ideen.“ Lina schmiegt sich noch mehr an Mama: „Mama, glaubst du, dass das bei mir auch klappt?“ „Du kannst es ja mal versuchen. Horch, es ist so weit …“
Aktion für zuhause:
Diese Woche wollen wir unserer Gottesbeziehung nachspüren.
- Wir finden heraus, wann in unserer Pfarre die Kirchenglocken läuten. Wenn es soweit ist öffnen wir das Fenster oder machen eine Wanderung dorthin, wo wir die Glocken gut hören können. Beim Klang werden wir ganz still, hören einfach nur hin. Danach können wir uns darüber austauschen, was wir gedacht oder gefühlt haben.
- Ganz bewusst wollen wir in dieser Woche anderen Gutes zusagen und ihnen dadurch Freude schenken.