Kann Wasser eigentlich verloren gehen?

24.03.2021 | von Luggi Frauenberger
Anlässlich des Weltwassertages am 22. April haben wir dieses Interview mit Wasserexperte Ernest Mayr aus dem voll.bunt Archiv ausgegraben. Im Jahr 2011 wurde dieses Interview von Luggi Frauenberger geführt und in der voll.bunt Ausgabe „NASS“ abgedruckt.

voll.bunt: Herr Mayr, hier vor Ihnen steht ein Glas frisches Leitungswasser. Welche Gedanken gehen Ihnen durch den Kopf, wenn Sie dieses Glas sehen?

Ernest Mayr: Frisches Leitungswasser ist nicht überall auf der Welt eine Selbstverständlichkeit. Und auch in Österreich steckt ein gar nicht so kleiner Aufwand dahinter, dass rund um die Uhr ausreichend Trinkwasser in hervorragender Qualität zur Verfügung steht. Dies wird jedoch als selbstverständlich angesehen. Dabei muss das Wasser an Quellen oder Brunnen gewonnen werden, in Wasserreservoirs gespeichert und dann mit ausreichend Druck qualitätsgesichert bis zu jeder/jedem einzelnen Kundin/Kunden verteilt werden. Also eigentlich bin ich stolz drauf, dass man – egal wo man sich in Österreich befindet – aus der Leitung frisches Trinkwasser beziehen und auch in bester Qualität genießen kann.

 

voll.bunt: Nicht überall auf der Welt gelingt es, dass alle Menschen einen Zugang zu sauberem Wasser haben. Sehen Sie aus dieser Tatsache heraus Gefahren entstehen und wie könnten mögliche Auswege aussehen?

Ernest Mayr: Global gesehen bedeutet Zugang zu sauberem Wasser die einfache Verfügbarkeit von sicherem Trinkwasser und eine geordnete Abwasserentsorgung. Die Versorgung mit Wasser für das tägliche Leben und gleichzeitig zur Produktion von Nahrungsmitteln stellt gerade in Regionen, wo es nur wenig Wasser gibt, eine große Herausforderung dar.

Unmittelbare Gefahren sind sicher als allererstes die Verbreitung von Krankheiten auf Grund des fehlenden Zugangs zu sauberem Wasser. In Österreich besteht eine umfassende gesetzliche Regelung und Kontrolle. Da kann man sich die Frage stellen, ob es in Österreich ohne Regelungen auch funktionieren würde – ich glaube nicht.

 

voll.bunt: Mit dem sogenannten virtuellen Wasser, das sich durch die Herstellung in vielen Produkten befindet, importieren wir in Österreich zum Teil Wasser aus Gegenden der Erde, die eigentlich unter massivem Wassermangel leiden. Worauf sollten wir Ihrer Meinung nach viel mehr Acht geben?

Ernest Mayr: Ja, das mit dem virtuellen Wasser stimmt natürlich. Beim Essen scheint die Antwort noch leichter: regionale Produkte und jahreszeitlich an die Verfügbarkeit angepasst einkaufen. Das heißt: Erdbeeren gibt es eben nur im Frühjahr und bei den Tomaten ist mit dem ersten Frost Schluss bis zum nächsten Jahr. Wenn man den Import von Wasser über landwirtschaftliche Produkte aus Wassermangelgebieten reduzieren will, muss man in diesen Ländern allerdings auch Alternativen zur „Wertschöpfung“ schaffen.

Bei den sonstigen Produkten (und da kann man alles anführen wie z.B. Kleidung) muss man schon selber entscheiden, welchen Stellenwert die umweltfreundliche Herstellung eines Produktes für jede*n Einzelne*n hat. Wenn es eine entsprechende Nachfrage gibt, wird der Markt sicher darauf reagieren.

 

voll.bunt: Manches Mal bekommen Kinder in Österreich, die im Sommer mit einem Gartenschlauch herumplanschen, von Erwachsenen zu hören: „Wasser muss gespart werden, das ist nicht zum Verpritscheln da!“ Wie stehen Sie zu dieser Aussage und der Aufforderung zum Wassersparen?

Ernest Mayr: Grundsätzlich macht Wassersparen sicher immer Sinn, vor allem wenn das Wasser energieintensiv gepumpt oder aufbereitet werden muss. Im Garten sehe ich jedoch in den meisten Regionen Österreichs kein Problem, weil einfach genug Wasser vorhanden ist und das Trinkwasser quasi ungebraucht wieder in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgegeben wird. Im Haushalt wird jedoch gebrauchtes Trinkwasser zu Abwasser, das wieder geklärt und aufbereitet werden muss. Da sollte Wassersparen auf jeden Fall ein Thema sein. Also wenn es auf Basis der regionalen Gegebenheiten möglich ist, sollte ein „Herumpritscheln“ ab und zu möglich sein. Wichtig ist jedoch, dass ein Bewusstsein geschaffen wird, dass das nicht überall auf der Welt so möglich ist.

 

voll.bunt: Kann Wasser eigentlich verloren gehen?

Ernest Mayr: Nein, mengenmäßig nicht. Physikalisch kann Wasser nur in verschiedene Aggregatzustände übergehen. Qualitativ aber schon, z.B. kann nicht jedes Wasser für Trinkwasserversorgung herangezogen werden.

 

voll.bunt: Wenn zu hören ist, dass in Österreich die meisten Seen Trinkwasserqualität haben, kann man wirklich draus trinken und ist das Wasser so sauber wie aus der Leitung?

Ernest Mayr: Die Trinkwasserqualität bei Seen in Österreich ist die grundsätzliche Wasserqualität. Eine durchgehende Kontrolle und ein durchgehender Schutz der Wasserqualität bei Oberflächengewässern wie Seen z.B. bei Wetterereignissen kann sich kurzzeitig verändern.

 

voll.bunt: Wenn ich Ihnen nun die Buchstaben W, A, S, S, E und R herlege, welche Wörter fallen Ihnen zu den einzelnen Buchstaben spontan ein?

Ernest Mayr: Wasser, Sicherheit, Sonne, Erde und Regen

 

Ernest Mayr

Personenbeschreibung

Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität für Bodenkultur in Wien. Dort arbeitet er am Institut für Siedlungswasserbau, Industriewasserwirtschaft und Gewässerschutz. Er war Referent bei der Werktagung der Katholischen Jungschar Österreichs zum Schwerpunkt Wasser im Jänner 2011 im Stift St. Georgenberg-Fiecht.*

*Beschreibung aus dem Jahr 2011

Luggi Frauenberger

ist im Jungscharbüro für den DKA-Bildungsbereich mitverantwortlich und betreut das Fundraising und die Spezialprogramme Solidareinsatz und Lerneinsatz.