Schuldbekenntnis und/oder Kyrie

20.08.2019 | von Karin Granig
„Meine engen Grenzen, meine kurze Sicht, bringe ich vor dich. Wandle sie in Weite. Herr, erbarme dich.“ – ein klassischer Kyrie-Gesang (vgl. Gotteslob Nr. 437), der Kyrie und Bußbesinnung verbindet. In neuerer liturgischer Literatur hat das Kyrie aber einen anderen Charakter. Was ist nun was?

Das „Regelwerk“

Der Eröffnungsteil einer Heiligen Messe besteht aus Einzug, Begrüßung, Allgemeinem Schuldbekenntnis, Kyrie, Gloria und Tagesgebet. Diese Teile sollen die Gläubigen in eine Gemeinschaft zusammenführen, in die Feier einführen und auf den Wortgottesdienst und die Eucharistiefeier vorbereiten. (Vgl. AEM, die „Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch“, Nr. 24.)

Zu Schuldbekenntnis und Kyrie führt die „Allgemeine Einführung in das Römische Messbuch“ aus: „Dann lädt der Priester zum Schuldbekenntnis ein, das von allen gemeinsam vollzogen und durch die vom Priester gesprochene Bitte um Vergebung abgeschlossen wird. Dem Allgemeinen Schuldbekenntnis folgt – sofern es nicht darin enthalten war – das Kyrie. Da in diesem Gesang die Gläubigen den Herrn anrufen und um sein Erbarmen bitten, soll das Kyrie für gewöhnlich von allen gesungen werden, das heißt von Gemeinde und Sängerchor bzw. Kantor. Jeder Ruf wird in der Regel einmal wiederholt; doch kann man auch weitere Wiederholungen oder kurze Texteinschübe (Tropen) anfügen, sofern sich das aus der Art der verschiedenen Sprachen, aus der musikalischen Form oder aus der konkreten Gestaltung der Feier ergibt. Wird das Kyrie nicht gesungen, soll man es sprechen.1

Das „Direktorium für Kindermessen“ legt uns unter Punkt 40 zur Gestaltung des Eröffnungsteiles nahe: „Daher ist es gestattet, zuweilen das eine oder andere Element der Eröffnung auszulassen, ein anderes aber vielleicht etwas ausführlicher zu gestalten. Jedoch soll immer eines der Eröffnungselemente verwendet werden, das mit dem Tagesgebet beschlossen wird. Bei der Auswahl der einzelnen Elemente ist darauf zu achten, dass jedes Element gelegentlich verwendet und keines übergangen wird."2

 

Das Schuldbekenntnis –  Confiteor

Im Schuldbekenntnis geht es  – dem Titel entsprechend – darum, in sich zu gehen und Gott die Dinge zu übergeben, die in der vergangenen Zeit nicht so super gelaufen sind. Jede und jeder macht Fehler – die Frage ist nur, wie ich damit umgehe! Im Schuldbekenntnis habe ich die Gelegenheit, mir vor Gott wie in einer „Mini-Beichte“ meine Fehler bewusst zu machen und ihm anzuvertrauen. Ich kann Gott wie meiner besten Freundin/meinem besten Freund erzählen, wo ich Mist gebaut habe und ihn um Hilfe zur Lösung bitten.

In der Heiligen Messe lädt der Priester als Vorsteher der Feier zum Schuldbekenntnis ein, das von allen gemeinsam gesprochen wird. Das Schuldbekenntnis wird durch die vom Priester gesprochene Bitte um Vergebung abgeschlossen (AEM, Nr. 29) oder sie wird in das Tagesgebet „integriert“.

In der Wort-Gottes-Feier zählt das Schuldbekenntnis zu den möglichen Antwortelementen der Feiernden auf das Wort Gottes und dessen Auslegung, d.h. es kann anstelle des Glaubensbekenntnisses oder anderer Elemente nach Evangelium und Predigt gesprochen werden (vgl. Gotteslob 670/4). Dieses Antwortelement ist sehr passend für die Österliche Bußzeit (Fastenzeit) und für Sonntage, in denen das Thema Versöhnung, Umkehr, Neuausrichtung durch die biblischen Texte präsent ist.

Manchmal legt der Anlass oder die Festlichkeit des Gottesdienstes nahe, das Schuldbekenntnis auszulassen oder es durch das Taufgedächtnis zu ersetzen (z.B. bei der Firmung). Es wird ebenso ausgelassen, wenn am Beginn der Feier eine andere liturgische Handlung war (z.B. Palmweihe, Lichtfeier der Osternacht), diesbezügliche Regelungen für den betreffenden Sonn-/Feiertag sind im Messbuch zu finden!

Im Messablauf ist das Schuldbekenntnis seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil nicht mehr verpflichtend enthalten und man kann es auch durch ein Bußlied ersetzen.

 

Das Kyrie

Im Kyrie rufen wir Christus in unsere Mitte: Es ist ein Huldigungsruf, ein Lobpreis und eine Bitte (aber keine Fürbitte!) zugleich: „Kyrie eleison“ ist griechisch, heißt wortwörtlich übersetzt „Herr, erbarme dich!“ und bedeutet so viel wie „Herr, wende dich uns zu, komm zu uns, in unsere Mitte!“

In der Heiligen Messe wurde es ursprünglich im Anschluss an das Schuldbekenntnis und die Vergebungsbitte gesprochen, doch es hat sich eingebürgert, das Kyrie auch anstelle des Schuldbekenntnisses zu sprechen bzw. zu singen. Auch das Gotteslob kennt diese „Mischform“: Unter GL Nr. 582/6 finden wir einen Kyrie-Ruf mit Vergebungsbitte.

In der Wort-Gottes-Feier stehen die Kyrie-Rufe an der gewohnten Stelle in der Eröffnung. Das Schuldbekenntnis ist aber als Antwortelement nach den Schriftlesungen vorgesehen.

Wenn möglich, soll das Kyrie von der gesamten Feiergemeinschaft gemeinsam gesungen bzw. gesprochen werden, eventuell im Wechsel mit einem Kantor/einer Kantorin, der/die die Einschübe dazwischen vorträgt. In neuerer liturgischer Literatur wird wieder verstärkt die ursprüngliche Form des Kyrie als Lobpreis, als Begrüßung Jesu inmitten der Feiergemeinde betont um den eigenständigen Charakter dieses Elements zu betonen.

 


aus KinderGottesdienstGemeinde Nr 122

1Allgemeine Einführung ins Meßbuch, Nr. 29-30.

2Texte der LKÖ, Heft 1 1992 / 3. Verbesserte und erweiterte Auflage. Herausgegeben von der Liturgischen Kommission für Österreich in Übereinstimmung mit der Österreichischen Bischofskonferenz.)

Karin Granig

ist Autorin bei dem Magazin KinderGottesdienstGemeinde.