Wie schreibt man ein Kinderbuch?

Martha Kogler ist eine Ennser Kinderbuchautorin. Aber nicht nur das. Seit vielen Jahren wird es einmal im Monat ganz still in der Ennser Stadtbibliothek. Dann packt Martha ein Buch aus und viele gespitzte Kinder- und so manche Erwachsenenohren horchen zu, wenn sie vorliest. Und wenn man Martha Kogler zuhört, dann wird man von ihrer Begeisterung angesteckt. Wir haben uns mit ihr getroffen und uns übers Geschichten Schreiben und Vorlesen unterhalten.

Martha, wie gehst du es an, wenn du eine Geschichte schreibst?

Die Geschichten fallen mir zu, würd' ich sagen. Da kommt von irgendwo irgendein Thema daher, das mir am Herzen liegt und das formuliert sich dann eigentlich von selbst am Computer. Die Geschichte, die ich am Beginn im Kopf habe, wird niemals die, die dann im Buch steht, das kriegt eine massive Eigenständigkeit.

 

Glaubst du, dass Kinder mit Alltagsgeschichten mehr anfangen können?

Nicht unbedingt. Aber mir ist wichtig, dass die Geschichte eine Botschaft hat. Sie muss nicht plakativ sein. Aber unter dem Strich muss schon was da sein. Mich berührt zum Beispiel das Thema Ausgrenzung oder, dass wir trotz Unterschieden gut miteinander auskommen können – und solche Sachen dann nicht nur brav aufgearbeitet, sondern vielleicht auch ein bisschen lustig dargestellt. Und dass man sieht, es wird alles gut werden.

 

Wie lang schreibst du an einer Geschichte?

Das ist ganz verschieden. Die Geschichte lese und überarbeite ich immer wieder neu und gebe sie auch anderen Leute zum Lesen. Monate sind das bestimmt. Und ich geh' sehr viel mit meinem Hund spazieren, da fällt mir sowieso das meiste ein. Also Bewegung, ich bin absolut überzeugt, dass Bewegung sehr gut ist.

 

Hast du Tipps fürs Vorlesen?

Ja, da weiß ich schon ein paar. Also an erster Stelle steht der Respekt. Der Respekt vor den Kindern und der Respekt untereinander in der Gruppe. Und den Kindern auf Augenhöhe zu begegnen ist ganz wichtig. Darum sitz ich auch immer auf dem Boden mit den Kindern. Und ich setz' mich niemals auf einen Sessel oder rede von oben auf die Kinder runter.

Ich bin der Meinung, dass das auf dem Boden sitzen überhaupt ganz viel ausmacht. Da sind die Kinder viel aufmerksamer und ruhiger da und können besser zuhören. Und unbedingt im Kreis zusammensitzen, damit auch alle wirklich gleich sind und gleich gut sehen können –  ich zeig' ja auch immer die Bilder her, wenn‘s welche gibt.

Und die Stimme ist natürlich absolut wichtig. Ich glaub' zum Beispiel, dass es ganz wichtig ist, dass man zumindest eine Sequenz hat, wo man ganz, ganz leise wird. Dann sind alle Kinder voll und ganz da. Also ruhig ein bisschen spielen mit der Stimme. Und niemals zu laut reden, weil sich Kinder meiner Erfahrung nach relativ schnell schrecken beim Vorlesen, besonders dann, wenn sie ganz in der Geschichte drinnen sind. Das Spielen mit der Stimme ist also absolut wichtig. Da kann man sich austoben. Wenn Tierstimmen vorkommen, dann kann man das ruhig nachmachen. Das ist immer sehr lustig. Wenn zum Beispiel ein Bär vorkommt, dann beginne ich ganz langsam und tief wie ein Bär zu brummen.

Requisiten verwende ich normalerweise nicht, aber ich hab‘s letztens ausprobiert und ich merke schon, dass die Kinder dann immer ganz fasziniert davor sitzen und mit ganz großen Augen zuschauen. 

 

Gibt es auch etwas, worauf man inhaltlich achten sollte?

Das Niveau ist mir immer wichtig. Also, Seichtes nehme ich den Kindern nie mit zum Vorlesen. Wie gesagt, mir ist eine Botschaft wichtig. Ich lese auch gern Märchen vor. Wenn‘s dann Wörter gibt, die alt sind, dann unterbricht man halt kurz und fragt „Und Kinder, habt ihr das verstanden?“. Ein Teil sagt vielleicht nein und wenn jemand ja sagt, na, dann erklärt er oder sie das gleich. Es stört überhaupt nicht in der Abfolge, wenn man mit Kindern dazwischen ein bisschen spricht und ihnen was erklärt. Im Gegenteil, es ist wichtig, dass man auch sicher geht, dass sie alles verstanden haben.

Man kann ihnen aber auch was zutrauen. Mir ist wichtig, dass Kinder ernst genommen werden. Sie sind zwar kleine, aber trotzdem fertige Menschen und sie wollen ernst genommen werden, das ist das ganze Um und Auf.

Ich hab' auch die Erfahrung gemacht, dass es oft egal ist, für welche Altersgruppe eine Geschichte geschrieben wurde. Wenn ein Kind ruhig sitzen bleibt und es sich vom Inhalt angesprochen fühlt, dann ist es die richtige Geschichte. Das hängt natürlich auch mit dem Erzählen zusammen. Da steh' ich dann natürlich schon dahinter und lasse manche Stellen aus, wo ich mir denke, dass der Satz zu kompliziert ist oder die Kinder eh nicht interessiert. 

Und ganz wichtig: Man soll Geschichten wählen, die einem selbst gefallen und wichtig sind. Denn ganz viel kommt gar nicht so sehr auf den Inhalt an, sondern wirklich darauf, wie es rübergebracht wird.

 

Wie bereitest du dich vor?

Erstmal den Raum gemütlich vorbereiten –  mit Polstern und Decken zum Beispiel. Denn das Allerwichtigeste ist, dass die Kinder warm und gut sitzen können. Du selber natürlich auch.

Und ich muss mich natürlich auch selbst vorbereiten. Besonders am Anfang hab' ich mich ganz heftig vorbereitet. Da habe ich viel geübt und die Geschichte mir selbst ganz oft vorgelesen und Unterschiedliches ausprobiert.

Aber prinzipiell ist es ja auch gar kein Problem, wenn man sich verredet. Dann sagst du „Hoppala, das stimmt jetzt aber nicht“, und weiter geht’s. Kinder finden das gar nicht schlimm. Aber das ist eine Erfahrungssache. Und wenn man was gern tut, das spüren die Zuhörenden, dann macht man es auch gut.

 

Wieso sind Geschichten für Kinder denn so wichtig?

Das Allerwichtigste und Schönste ist für mich das gemeinsame beisammen Sitzen und Erleben und die gemeinsame Begeisterung. Ganz wichtig ist natürlich auch die Sprachförderung. Da bin ich schon überzeugt, dass Kinder, die viel vorgelesen bekommen, sich besser ausdrücken können und wesentlich kreativer werden. Aus medizinischer Sicht regt es auch die beiden Gehirnhälften an. Wir wollen ja Kinder und Erwachsene haben, die sich gut ausdrücken, sich gut artikulieren können.

Und Geschichten weitertragen heißt ja auch Kultur weitertragen. Man sollte viel mehr Geschichten aus anderen Ländern vorlesen. Das kann mitunter sehr schwierig sein, weil sie wirklich oft fremd sind. Das ist eine Herausforderung, weil die Geschichten ganz anders aufgebaut sind und andere Inhalte haben. Aber genau diese Herausforderung ist ganz wichtig, um eine andere Perspektive zu bekommen und andere Inhalte kennenzulernen.

 

Danke, liebe Martha, für das spannende und aufschlussreiche Gespräch! 

Buchtipp

Buchtipp

"Das Lockenschwein Mathilda" von Martha Kogler

Das Buch zeigt auf lustige Weise die Kreativität, die Raffinesse und Verwandlungsfähigkeit von Kindern auf.

Monika Spiekermann

hat in Enns eine klassische Jungschar-Karriere zurückgelegt und ist jetzt begeistert im voll.bunt Arbeitskreis dabei.
 

Marie Mayrhofer

ist Teil des Jungscharbüros Linz und philosophiert gerne über Gott und die Welt.