Hinschauen statt Wegschauen

Für die Jungschar, aber auch für die gesamte Katholische Kirche, hat Gewaltprävention große Bedeutung erlangt. Es ist unser christlicher Auftrag auf ein wertschätzendes Miteinander zu schauen und die Würde jedes einzelnen Menschen zu achten.

Ein weiter Weg

Für die Katholische Kirche hat das Thema Gewaltschutz einen sehr wichtigen Stellenwert bekommen, seit es zur Aufdeckung der Gewalttaten innerhalb der der eigenen Reihen gekommen ist. Gewalt gegen Kinder ist nicht zu entschuldigen und klar ist auch, dass alles unternommen werden muss, damit das nicht wieder vorkommt.

Eine Antwort auf die Vorfälle war es, dass schon 2010 die Bischofskonferenz eine Rahmenordnung festgeschrieben hat, in der festgelegt wird, wie die Mitarbeitenden der Katholischen Kirche einander begegnen sollen, welches Verhalten toleriert wird und welches nicht. Diese Rahmenordnung wurde 2016 überarbeitet und gab in Oberösterreich dann den Startschuss für eine intensive Befassung mit dem Gewaltschutz. Seither müssen alle hauptamtlichen Mitarbeiter*innen eine Schulung zur Gewaltprävention besuchen und ihre eigene Haltung in Bezug auf Gewalt reflektieren. Zusätzlich wird eine Verpflichtungserklärung unterschrieben, in der sich alle dazu bekennen gemeinsam darauf zu achten, dass Kirche zu einem gewaltfreien Raum für alle Menschen wird. Diese Maßnahmen sollen schrittweise auch auf alle ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen ausgeweitet werden.

 

Achtsamkeit im Miteinander

Gewalt hat viele Gesichter. Jede Form von Gewalt stellt eine Verletzung der körperlichen und seelischen Integrität eines Menschen dar und ist somit eine Verletzung der Menschenrechte.

1. Graubereiche

  • Ein einmaliges, unabsichtliches Fehlverhalten, das keine Verletzung der betroffenen Person zur Folge hat.
    Kläre zeitnah, dass hier eine Grenze überschritten worden ist und dass dies nicht ok ist. Bei Wiederholungen informiere die Leitung.
  • Irritierendes Verhalten, das sich wiederholt; keine Einsicht über das Fehlverhalten, wie z.B. Abwerten, unklares Rollenverständnis:
    Hole dir Unterstützung bei deinem Pfarrverantwortlichen oder der Leitung.
  • Auffälliges Verhalten bei einem Kind oder Jugendlichen, z.B. sexualisierte Sprache; ein*e Teamleiter*in berührt die Kinder in der Jungscharstunde am Po:
    Hole dir dringend externen Rat und Hilfe für die weitere Vorgehensweise: z.B. Diözesane Ombudsstelle 0676/ 8776-5525 oder „147“ Rat auf Draht! Keine Alleingänge!

 

2. Straftaten

  • Körperliche Gewalt
    z.B.: Verletzungen zufügen, schlagen, Haare reißen, stoßen
  • Vernachlässigung (Essen und Trinken/Hygiene/medizinische Hilfe vorenthalten), keine entwicklungsadäquate Versorgung
  • Psychische Gewalt
    z.B.: Demütigung, Entwürdigung, Erpressung, Drohungen
  • Sexualisierte Gewalt
    z.B.: mit Kindern / Jugendlichen einen Porno anschauen, mit / vor Jugendlichen masturbieren, jemanden zwingen sich nackt auszuziehen, jemanden beim Duschen beobachten, jemanden zu sexualisiertem Verhalten auffordern
  • Strukturelle Gewalt
    z.B.: ungleiche Machtverhältnisse oder Lebenschancen in Institutionen aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Alter, usw.
  • Ausnutzung von Abhängigkeits- und/oder Autoritätsverhältnissen
    z.B.: hierarchische Rollenverteilung während einer Veranstaltung (Gruppenleiter*in und Teilnehmer*in). Ein*e Gruppenleiter*in verliebt sich während der Aktion in einen Teilnehmenden. Der/Die Gruppenleiter*in handelt gegen seine/ihre Verantwortung in Bezug auf die Rolle und Funktion.

 

Gewalt und Ausnützung werden in keiner Form toleriert. In Verdachtsfällen wird nicht weggeschaut, sondern sensibel wahrgenommen sowie reflektiert und entschieden gehandelt. Jede Gewalthandlung hat disziplinarische und gegebenenfalls strafrechtliche Konsequenzen.

Hier findest du die Kurzfassung der Rahmenordnung für die Katholische Kirche Österreichs und die Kinder- und Jugendschutzrichtlininen.

 

Kinderschutz in der Jungschar

Im Frühjahr 2019 hat die Katholische Jungschar Österreichs die Kinderschutzrichtlinie beschlossen. Damit bekam die Richtlinie, die in einem etwa zwei Jahre langen Prozess entstanden war, Gültigkeit.

 

 

Warum braucht die Jungschar eine Kinderschutzrichtlinie?

  • Qualitätsmerkmal guter Kinderorganisationen
  • Übersetzung der Rahmenordnung zur Gewaltprävention für junge Menschen, die mit Kindern arbeiten
  • In Organisationen mit Kinderschutzmaßnahmen engagieren sich seltener Täter*innen, da das Risiko größer ist erwischt zu werden.
  • Wir wollen, dass es Kindern in der Jungschar gut geht und sie diese Zeit in positiver Erinnerung behalten.

 

Was in einer Kinderschutzrichtlinie steht

In der Kinderschutzrichtlinie findest du Hintergrundwissen zu Gewaltformen, Täter*innenstrategien, gesetzlichen Grundlagen und noch viel mehr. Auch jede Menge vertiefende Kapitel zu Themen, die für dich im Jungscharalltag wichtig sein können, sind enthalten. Von struktureller Prävention am Sommerlager über Gewalt unter Kindern bis hin zu einem Verhaltenskodex für die Arbeit mit den Kindern ist da vieles drinnen. Auch Maßnahmen sind niedergeschrieben, die Kinderschutz auf allen Ebenen der Jungschar gewährleisten sollen.

Außerdem sollen alle Gruppenleiter*innen den Krisenplan kennen und wissen, wo sie Hilfe holen können. Der Krisenplan gibt Orientierung, was getan werden muss, wenn es zu Gewalt kommt oder Gewalt beobachtet wird.

Eine Besonderheit der Kinderschutzrichtlinie der Katholischen Jungschar ist, dass sie auch für den internationalen Bereich der Dreikönigsaktion eine wesentliche Rolle spielt. Viele unserer Partnerorganisationen hatten schon lange vor uns eine Kinderschutzrichtlinie für ihre Organisation. Sie haben uns mit Erfahrungen und Tipps unterstützt. Nun ist unsere Richtlinie eine Vorlage für jene Organisationen, die noch keine eigene Kinderschutzrichtlinie haben.

Tipp

Du willst noch mehr über die Kinderschutzrichtlinie erfahren? Dann klick dich hier rein!

Verena Schaufler

arbeitete als Bildungsreferentin bei der Katholischen Jungschar Linz.

Dagmar Hörmandinger

ist Leiterin der Stabsstelle für Gewaltprävention Kinder- und Jugendschutz der Diözese Linz und Hauptverantwortlich für die Einschulungsmaßnahmen zum Thema "Nähe & Distanz/ Gewaltprävention" für alle MitarbeiterInnen der Diözese Linz.