Pessach, Seder-Mahl und Gründonnerstag

23.03.2020 | von Karin Granig
Das letzte Abendmahl und die Fußwaschung sind die wichtigsten Elemente der Liturgie am Gründonnerstag. Mit dem Gründonnerstag beginnen die drei österlichen Tage vom Leiden, vom Tod und von der Auferstehung Jesu.

„Die 1. Lesung (Ex 12,1-14) in diesem Gottesdienst bringt Jesu Abschiedsmahl in Verbindung mit dem Paschafest *: Es geht um Rettung aus Knechtschaft und Tod und um Befreiung zum Leben. Die 2. Lesung (1 Kor 11,23-26) erinnert an Jesu Auftrag, sein Gedächtnis im gemeinsamen Mahl zu feiern, und das Evangelium (Joh 13,1-15) vermittelt mit dem Zeichen der Fußwaschung die alles bestimmende Grundhaltung Jesu: die Liebe.“ 1

 

Abendmahl und Pessachfest

Das Pessach-Fest (in der Einheitsübersetzung als „Paschamahl"2  bezeichnet) ist eines der wichtigsten Feste im jüdischen Jahreskreis. Das Fest hat einen historischen Kern: Es erinnert an die Rettung aus der ägyptischen Sklaverei. Zur Zeit Jesu pilgerten die Gläubigen zu Pessach zum Tempel nach Jerusalem. Dort brachten sie Gott ihr Opfer dar und nahmen einen Teil des Fleisches mit in ihre Häuser. Dort bereiteten sie das Mahl zu und feierten.

An den ersten beiden Abenden des achttägigen Pessach-Festes wird das Seder-Mahl gehalten: eine abendfüllende Familienfeier mit einem vorgegebenen Ablauf, zu der immer wieder Auszüge aus der Exodus-Geschichte vorgetragen werden. Ob das Abendmahl das Seder-Mahl des Pessach-Festes war, ist historisch nicht gesichert.

Inhaltlich folgt der Ablauf (nach den Evangelisten Markus, Matthäus und Lukas) jedoch dem des Seder-Mahls. Es ist aber fast undenkbar, dass der Hohe Rat bzw. die Hohenpriester zu Pessach eine Sitzung abgehalten hätten. Sicher ist, dass Jesus ein Abschiedsessen hält, denn er rechnet mit seinem Tod.

 

Einsetzung

gemeinsam Essen, gemeinsam danken und sich wandeln lassen

Wir Menschen sind auf Nahrung angewiesen, um am Leben zu bleiben. Um Lebensmittel zu erhalten, müssen wir Tiere und Pflanzen aus dem natürlichen „Lebenskreislauf“ herausnehmen. Doch die Verfügbarkeit von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln ist keine Selbstverständlichkeit! Dafür dankbar zu sein, ist eine gute Basis für ein gemeinsames Mahl.

Aus dieser Dankbarkeit heraus bekommt ein gemeinsames Mahl eine Bedeutung, es bedeutet mehr als reine „Nahrungsaufnahme“, besonders in Zeiten der Not: Da teilt jemand mit mir, was er hat, um mir Leben zu ermöglichen. Jesus greift das auf, wenn er mit seinen Freund*innen und mit Sünder*innen isst. Er bringt dieses gemeinsame Mahlhalten in Verbindung mit Gott und drückt aus: „Du bist von Gott angenommen, er will, dass Du lebst.“

Jesus deutet an diesem Abend auch seinen Tod und viele Texte sprechen in diesem Zusammenhang von einem „Opfer“, dass er sein Leben, seine Liebe hingegeben hat. Jesus identifiziert sich hier mit dem Gottesknecht aus Jesaja. Seine Lebenshingabe für die Vielen (= für alle) bringt das verwirkte Leben der Menschen mit der Heiligkeit Gottes in Kontakt.3 Gott schenkt die Sühne, die Vergebung und damit neues Leben. Im 2. Korintherbrief schreibt Paulus: „Lasst Euch mit Gott versöhnen!“ (2 Kor 5,20). WIR bedürfen der Versöhnung, nicht Gott.

„Wenn „Sünde“ ein Getrennt-Sein – (Sünde hat die gleiche Wortwurzel wie „sondern“) – von Gott ist, überwindet Gott diese Trennung auf unüberbietbare Weise in Jesus, der den Sündern (Mahl-) Gemeinschaft schenkt. An uns liegt es, dieses Geschenk zur Versöhnung anzunehmen – als Geschenk, das uns immer neu zuteilwerden will.“4

Jesus teilt sich in Brot und Wein an alle Menschen aus. Wer davon isst, drückt damit aus, dass er zu dieser Gemeinschaft und zu Gott/Jesus dazugehört. Er hat „communis“ (Latein), d.h. „gemeinsamen Besitz, gemeinsame Sorge“. Um zu dieser Gemeinschaft etwas beizutragen, bringen wir zur Gabenbereitung unsere Gaben, heute meist in Form von Geld, zum Altar. Sie ermöglichen neues Leben für Bedürftige und Notleidende. Damit teilen wir aber nicht nur unser Vermögen, sondern auch unser Leben, bringen es vor Gott und bitten um Wandlung vom Tod zum Leben.

 

Fußwaschung

Dienst und Demut

Kamen zur Zeit Jesu Gäste zum Essen, gehörte es zu einem höflichen Gastgeber, den Gästen die Möglichkeit zum Füße Waschen zu bieten. Das Waschen der Füße war ein Dienst, den Sklaven verrichteten, der niedrigste Dienst. Jesus stellt sich selbst mit der Fußwaschung in den Dienst seiner Freund*innen.

Alles, was Jesus seinen Freund*innen über Gott erzählt hat, verdichtet er beim letzten Abendmahl noch einmal:  Zum Wohl der Menschen geht er ans unterste Ende der sozialen Schichten, zu jenen, die am Rande der Gesellschaft stehen. Er macht das freiwillig, denn nur so wird es zum Dienst. Und er gibt seinen Freund*innen, damals wie heute, seinen Wunsch mit: „Ich habe Euch ein Beispiel gegeben…“ (Joh 13,15)

 


aus KinderGottesdienstGemeinde Nr. 133

1Vgl. Freilinger, Christoph (2014): Geheimnis des Glaubens. Die Feier von Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern. In: Werkblätter 2/2014, Hrsg: Arbeitshilfen der Katholischen Landvolkbewegung Deutschlands

2sprich: Pas-cha

3Vgl. Meßner, Reinhard (2001): Einführung in die Liturgiewissenschaft.

4Freilinger, Christoph (2014): Geheimnis des Glaubens. Die Feier von Gründonnerstag, Karfreitag und Ostern. In: Werkblätter 2/2014, Hrsg: Arbeitshilfen der Katholischen Landvolkbewegung Deutschlands

 

Karin Granig

ist Autorin bei dem Magazin KinderGottesdienstGemeinde.