Die falsche Botschaft macht den Konflikt

16.09.2024 | von Sven Janson
Sven Janson, Projektleiter von „Jugend im Dialog“, einem Workshopprojekt für junge Menschen der Volkshilfe, schreibt über die Entstehung von Konflikten und zeigt Wege auf, um gemeinsam zu guten Lösungen zu gelangen.

Menschen sind individuell und vielfältig - dementsprechend unterschiedlich gestalten sich
auch die Begegnungen und Interaktionen zwischen ihnen. Berührungspunkte mit Menschen mit anderen Wertvorstellungen und/oder mit einer anderen Meinung können in allen Lebensbereichen auftreten, so beispielsweise im Schul- oder Arbeitskontext, in Freizeit- und Jugendeinrichtungen, aber auch im ganz normalen Alltag, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder beim Einkauf. Auch in Schul- und Freizeiteinrichtungen steigt die Diversität der Schüler*innen und Jugendlichen. Dies führt dazu, dass die klare Kommunikation von Menschen gestärkt werden muss. Denn für viele Menschen kann das Zusammentreffen mit anderen Werten und anderen Meinungen aufgrund von fehlendem Wissen, negativen Erfahrungen, fehlender Toleranz oder stillen Annahmen zu Gefühlen wie Verunsicherung, Ängsten und Irritationen führen. Daraus wiederum können Voreingenommenheit und Vorurteile gegenüber anderen resultieren. Diese Voreingenommenheit und die fehlende Bereitschaft zum Austausch können in der Folge zu Konflikten führen oder bereits bestehende Problemlagen bzw. Herausforderungen weiter verschärfen. Insgesamt wird dadurch das Gegeneinander und nicht das Miteinander gestärkt.

 

Nachfragen bei Unverständnis

Grundsätzlich kann man sagen, dass Konflikte immer dann entstehen, wenn es in irgendeiner Art und Weise zu Fehlern oder Irritationen in der Kommunikation zwischen mindestens zwei Menschen kommt. Dabei ist völlig egal, ob es sich um schriftliche, sprachliche oder mimische bzw. gestische Kommunikation handelt. Sehr häufig können diese Irritationen durch einfaches Nachfragen aufgeklärt und in der Folge aufgelöst werden. Dabei ist es wichtig, das Nachfragen richtig zu gestalten. Statt einer provozierenden Rückfrage, die der Person gegenüber vermittelt, sie hätte etwas Falsches gesagt oder getan, ist es wichtig, respektvoll und gegebenenfalls höflich nachzufragen und klarzumachen, dass man die Aussage oder Tat nicht verstanden hat bzw. dass man unsicher ist, ob man diese richtig verstanden hat. Dies ermöglicht einerseits, dass sich die eine Person besser erklären kann, und andererseits, dass die andere Person besser verstehen kann, was eigentlich gemeint war. Tut man das nicht, dann kann sich der Konflikt in der Folge verhärten und es kann im schlimmsten Fall von einer zur nächsten Irritation bis hin zu einer Eskalation in Form von Gewalt kommen.

 

Es gibt auch unüberbrückbare Differenzen

Nachfragen bedeutet allerdings nicht automatisch, dass der Konflikt damit gelöst ist. Denn vor allem bei Gesprächen, bei denen Personen zum selben Thema völlig verschiedener Meinung sind, ist es nicht unbedingt leicht oder vielleicht sogar unmöglich, den Konflikt zu lösen. In diesen Fällen befinden wir uns allerdings in einer Diskussion und auch hier ist es wichtig, sich respektvoll und auf Augenhöhe zu begegnen und sich die Argumente und Meinungsbegründungen der Person gegenüber anzuhören. Anhören bedeutet in diesem Fall nicht gleich die Meinung des Gegenübers unbedingt annehmen zu müssen. Eventuell ist es auch nicht sinnvoll, überhaupt mit der Person zu diskutieren. So ergibt es keinen Sinn, mit einem Menschen zu diskutieren, der der Meinung ist, dass an den Außengrenzen der Europäischen Union geschossen und getötet werden sollte, wenn die Basis meiner eigenen Wertevorstellung das universelle Menschenrecht ist.   

In einem solchen Fall sollte ich die Diskussion abbrechen und eventuell auf die Folgen dieser Meinung verweisen (z.B. im Falle von Wiederbetätigung).

Aber was kann ich tun, wenn ich abseits von einer Diskussion trotzdem in einen verbalen Konflikt hineingerate?

 

Ich-Botschaften kann man üben

In diesem Fall ist es wichtig, die Ruhe zu bewahren und seine eigenen Anliegen mit Ich-Botschaften zu kommunizieren. Eine Ich-Botschaft enthält neben einem „Ich“ statt einem „Du“ immer eine sachliche Aussage oder Beobachtung gemeinsam mit einer Erklärung des eigenen Gefühls. Am Ende der Botschaft wird ein Wunsch an das Gegenüber geäußert.

Ein Beispiel:

„Du bist ständig zu spät. Auf dich kann man sich einfach nicht verlassen!“ wird zu „Ich habe den ganzen Abend auf dich gewartet, weil ich mir Sorgen gemacht habe, wo du bist? Bitte melde dich das nächste Mal, wenn du später kommst.“

Ich-Botschaften haben den Vorteil, dass ich aus der Spirale des vorwurfsvollen „Du“ herauskomme, mich erklären und zudem noch dem Gegenüber meine Gefühle transportieren kann. Selbiges gilt für das Gegenüber, denn es weiß nun, wie es der anderen Person geht, und kann sich selbst wesentlich besser erklären.

Denn viele Irritationen in der Kommunikation entstehen vor allem deshalb, weil wir nicht in die Köpfe der anderen hineinschauen können, aus diesem Grund müssen wir versuchen auszudrücken, was sie in unserem Kopf sehen würden.

Das gelingt sicherlich nicht beim ersten Mal, aber es lässt sich immerhin üben und erlernen. 

Tipp

Mehr Infos zur Volkshilfe findest du hier: www.volkshilfe-ooe.at

Sven Janson

ist Projektleiter von „Jugend im Dialog“, einem Workshopprojekt für junge Menschen der Volkshilfe Flüchtlings- und Migrant*innenbetreung GmbH.