Im Land der großen Wörterfabrik

02.02.2020 | von Sigrid Schnaubelt
Eine Spielgeschichte basierend auf dem Bilderbuch "Die große Wörterfabrik" von Agnes de Lestrade & Valeria Docampo, Mixtvision Verlag (München 2016).

Wir reden und reden den ganzen Tag, manche mehr und manche weniger. Im Land der großen Wörterfabrik ist das anders, hier gibt es Menschen, die kaum sprechen. Denn Worte sind teuer.
Kinderanzahl
Kinderanzahl
ab 12 Pers.
Gesamtzeit
Gesamtzeit
90 Minuten

Hintergrundinfo: Die Erzählerin oder der Erzähler führt die Kinder durch die gesamte Spielgeschichte. Dazu werden immer wieder Teile des Bilderbuches vorgelesen. Paul und Marie können auch als Freund*innen dargestellt werden, die sich am Ende der Geschichte umarmen. Die Geschichte kann auch unkompliziert gekürzt werden, indem einzelne Spiele ausgelassen werden. Alles in kursiver Schrift ist ein Auszug aus dem Buch.

Zu verteilende Rollen (von Gruppenleiter*innen gespielt):

  • Geschichtenerzähler*in
  • Paul
  • Marie

 

Im Land der großen Wörterfabrik

Die Kinder werden von dem/der Erzähler*in auf eine Reise in ein Land eingeladen, in dem alles ganz anders als bei uns ist. Gemeinsam geht es heute ins Land der großen Wörterfabrik. Bevor die Reise los geht, wird erklärt:

Es gibt ein Land, in dem die Menschen fast gar nicht reden. Das ist das Land der großen Wörterfabrik. In diesem sonderbaren Land muss man die Wörter kaufen und schlucken, um sie aussprechen zu können. Die große Wörterfabrik arbeitet Tag und Nacht. Die Wörter, die aus den Maschinen herauskommen, sind ebenso unterschiedlich wie die Sprachen. Es gibt Wörter, die sind wertvoller als andere. Man sagt sie nicht oft. Eigentlich nur, wenn man sehr reich ist. Denn im Land der großen Wörterfabrik ist Sprechen teuer.

Um ins Land der großen Wörterfabrik zu gelangen, sitzen oder stehen alle Kinder im Kreis. Wer möchte, kann die Augen schließen. Alle legen einen Finger auf die Lippen und sagen gemeinsam „psssssst“. Mit diesem Trick kann man auch jederzeit wieder aus dem Land der Wörter zurückkehren.

 

Die Menschen im Land der großen Wörterfabrik haben Wege gefunden, um miteinander zu kommunizieren ohne zu reden. Das funktioniert mal besser und mal schlechter und manchmal kommen dabei sehr lustige Missverständnisse heraus.

 

Reden ohne Worte

Stille Post mal anders

Jedes Kind erhält einen Stift und Papier. Dazu wird eine gerade Anzahl an Zetteln zusammengeklammert, sodass ein kleiner Block entsteht. Auf die vorderste Seite schreibt jedes Kind seinen Namen. Auf die zweite Seite wird ein Wort geschrieben, das geheim bleiben muss. Im Uhrzeigersinn wird das Büchlein weitergegeben. Alle lesen das Wort im Büchlein, blättern um und zeichnen dieses Wort. Nach 30 Sekunden wird das Büchlein weitergegeben. Nun wird geraten, was das Gezeichnete darstellt. Das wird auf der nächsten Seite aufgeschrieben. So geht es weiter, bis alle Seiten im Büchlein beschrieben und bemalt sind. Immer abwechselnd eine Runde zeichnen, eine Runde schreiben. Am Ende des Spiels werden reihum das Ausgangswort und das Ergebnis gezeigt.

Tipp: Für den Block sind zumindest 8 Seiten empfehlenswert, in größeren Gruppen auch bis zu 14 Zettel, jedoch nicht mehr Zettel als Mitspieler*innen.
Für das Herzeigen der Ergebnisse genug Zeit einplanen, da die Ergebnisse oft sehr lustig sind.

Nun wollen wir uns die große Wörterfabrik genauer ansehen. Hier werden viele, viele Worte produziert. Brauchbare und weniger brauchbare, lustige und langweilige, liebe und freche Wörter.

 

Wörterküche

In der großen Wörterfabrik werden eigene Wörter gebrüht und gekocht. Nimm einen Topf (zur Not tut`s auch eine Schüssel) und viele kleine Zettel, auf die die Kinder die Zutaten (ein kurzes Wort) schreiben. Jedes Kind kann so viele Wörter aufschreiben, wie sie oder er mag und wirft diese dann zusammengefaltet in den Topf. Nun zieht eine Person zwei oder mehr Zettel und bildet daraus ein langes Wort, zum Beispiel Apfel-Kuchen-Haus-Tier. Dabei entstehen viele lustige und vielleicht sogar ein paar brauchbare Wörter.

Da die Wörter so teuer sind und nicht viel geredet wird, sind die Menschen in der Stadt der großen Wörterfabrik ausgezeichnete Beobachterinnen und Beobachter. Sie sehen sich gegenseitig an, wie es ihnen geht.

 

Alle sind...

Dieses Spiel ist eine Variante von Spots in Movement (Die genaue Erklärung findet ihr in der Spieleapp - LINK). Immer wenn das Licht angeht, sind alle fröhlich/traurig/müde/überdreht. Oberste Regel ist keine Wörter zu verwenden. Es darf während des Spiels nicht gesprochen werden.

Variante: Dieses Spiel kann auch als Rätsel mit zwei Gruppen gespielt werden. Dazu stellt eine Gruppe ein Gefühl dar und die zweite Gruppe darf dieses erraten. Danach wird getauscht.

Tipp: Falls Kinder dabei sind, die die Dunkelheit nicht mögen, kann man es mit Masken oder Augen Zuhalten spielen.

 

Paul kommt herein. Er geht geduckt. Man sieht, dass ihn etwas bedrückt. Der/die Erzähler*in stellt den Kindern Paul vor.

Paul will Marie Wörter zum Geburtstag schenken. Er hat aber keine und hat auch nicht genug Geld, um besonders schöne Worte zu kaufen. „Diejenigen, die kein Geld haben, durchsuchen manchmal die Mülleimer. Aber die weggeworfenen Worte sind meist wertlos: Man findet nur Hundekacka und Hasenpipi.

 

Mülltonnen durchwühlen

Ein Papierkübel ist mit zerknülltem Zeitungspapier gefüllt. Zettel mit zerschnittenen Wörtern (nach Silben getrennt) sind zwischen dem zerknüllten Zeitungspapier versteckt. Die Kinder wühlen die „Wortfetzen" heraus und legen die Silben zu sinnvollen Wörtern zusammen.

 

Es gibt aber noch eine Möglichkeit, wie Paul an neue Wörter kommen kann: An manchen Tagen fliegen Wörter durch die Luft. Die Kinder fangen sie dann (…) ein.

 

Wörter fangen

Alle Kinder bis auf eines spielen Worte, die durch die Luft fliegen. Das bedeute, jede*r wählt ein Wort aus, das sie/er gerne sein möchte und hopst im Spielfeld umher. Ein Kind übernimmt gemeinsam mit Paul die Rolle der Wörterfänger*innen, um Wörter für Paul zu fangen. Wenn ein*e Wörterfänger*in ein Wort berührt, geben sie einander die Hand. Sie bewegen sich zu zweit weiter und versuchen, weitere Wörter einzufangen.

 

 

Endlich hat Paul ein paar besondere Wörter gesammelt. Er will sie Marie zum Geburtstag schenken.

Marie wohnt im Nachbarhaus. Paul klingelt an ihrer Tür. Er kann nicht sagen „Hallo, wie geht’s?“, weil er diese Wörter nicht hat. Stattdessen lächelt er. Marie trägt ein kirschrotes Kleid. Sie lächelt auch. „Oje, meine Wörter sind klitzeklein!“, denkt Paul. Er holt tief Luft und denkt ganz fest an all die Liebe in seinem Herzen. Und dann sagt er die Wörter, die er gefangen hat. Die Wörter fliegen zu Marie. Sie sind wie kostbare Kieselsteinchen.

Voller Stolz lässt er die Worte, die er gerade gesammelt hat, zu Marie fliegen. (Paul singt - betont die Wörter besonders und spricht sie sehr langsam und "wertvoll" - in Richtung Marie, dabei können ihn die Kinder unterstützen)

Marie lächelt nicht mehr. Sie blickt ihn an. Weil sie keine Wörter hat. Sie nähert sich ganz behutsam und gibt Paul einen sanften Kuss auf die Wange. Paul ist glücklich, dass er Marie eine Freude machen konnte. Gemeinsam essen sie Kuchen, trinken Tee und feiern Maries Geburtstag.

Paul und Marie nehmen die Kinder mit zur Geburtstagsfeier. Diese ist eine ungewohnt stille, aber tolle Feier! Alle Kinder sind eingeladen mit Paul und Marie gemeinsam Kuchen zu essen und Tee zu trinken, aber so wie Paul und Marie: ohne Worte.

 

Heimreise

Zum Abschluss reisen alle wieder gemeinsam zurück – Augen schließen und gemeinsam „Pssst“ sagen.

Zuhause angekommen besprecht ihr wie es euch im Land der großen Wörterfabrik gegangen ist.

  • Hat es dir gefallen?
  • Wie wäre es wohl, wenn Wörter bei uns so teuer wären?
  • Was wäre anders in einer Welt ohne oder mit wenigen Wörtern?

 


Material

Verkleidungen für die Gruppenleiter*innen, Papier, Stifte, Kochtopf, Zeitungspapier, Papierkübel, Musik, Kuchen & Tee oder Saft für den Abschluss
 

Buchtipp

Buchtipp

"Die große Wörterfabrik" von Agnes de Lestrade & Valeria Docampo

Dieses Kinderbuch zeigt auf wunderbare Weise, dass es nicht die großen Wörter sein müssen, die Großes ausdrücken.

Sigrid Schnaubelt

ist Jungschar-Pfarrleiterin in der Pfarre Steyr-Ennsleite und ist schon lange Teil des voll.bunt Redaktionsteams.