Durch Fragen die Welt entdecken

08.09.2021 | von Sarah Krejza
Philosophie kommt aus dem Griechischen, bedeutet wörtlich „Liebe zur Weisheit“ und ist ein Nachdenken über die großen Fragen des menschlichen Seins. Kinder bringen fürs Philosophieren alles mit: Neugier, Entdeckergeist und Staunen.
Kinderanzahl
Kinderanzahl
ab 5 Pers.

Kinder suchen Zusammenhänge und Erklärungen, versuchen die Welt zu begreifen und spinnen dabei Geschichten, die ihre Fragen nach dem Warum, Weshalb, Wieso beantworten. Aber nicht jede Frage lässt sich eindeutig, allgemein, verbindlich und ewig gültig beantworten.

 

Was ist Philosophieren mit Kindern?

Staunen und wissen wollen sind erste Schritte des Philosophierens. Es setzt beim Alltagswissen der Kinder an. Fragen werden ausgehend von einem Ereignis, einer Geschichte, einem Bild oder einem merkwürdigen Etwas erörtert. Philosophieren mit Kindern bedeutet ein Weiterdenken, ein Anregen durch Gespräche, Bilder und spielerischen Ausdrucksmöglichkeiten.

Philosophieren weitet den Horizont: Man lernt verschiedene Antworten auf ein und dieselbe Frage zuzulassen, seine eigene Antwort immer wieder zu überdenken und neu zu formulieren und auch, dass es auf manche Fragen keine letztgültige Antwort geben kann.

 

Was wichtig ist

Man kann auch "einfach so" mit Kindern über eine Frage/ein Thema reden, diskutieren oder philosophieren, jedoch kann man durch eine gute Vorbereitung mögliche Schwierigkeiten recht klein halten.

Ob ein Gespräch gelingt, hängt von einer guten Vorbereitung, aber auch ein wenig vom Glück und der Laune der Kinder ab.

 

Rahmenbedingungen

Gruppe: Idealerweise besteht die Gruppe aus mindestens 6, maximal 14 Kindern und die Kinder sind mindestens 7 Jahre alt. Hier haben alle die Möglichkeit, zu Wort zu kommen, gleichzeitig sind es genug, um das Gespräch am Laufen zu halten. Bei größeren Gruppen ist evtl. der Einsatz alternativer Gesprächsmethoden erforderlich.

Dauer: bei jüngeren Kindern reichen manchmal schon 15 Minuten aus. In der Regel sollte man sich jedoch 45 bis 60 Minuten für ein Gespräch und eventuelle begleitende Aktivitäten Zeit nehmen

Raum: Möglichkeit für einen Sitz- oder Sesselkreis. Ideal wäre ein ruhiger Raum

 

Themenfindung

Zum Philosophieren und Theologisieren eigenen sich Themenstellungen um das eigene Ich, das Miteinander auf der Welt sowie Dinge, die über den direkten Erfahrungsraum hinausgehen (z.B. Tod, Gott, Seele). Die Lebensrealität der Kinder bietet eine große Vielfalt an Themen und Fragestellungen, aus denen gewählt werden kann.

 

Vorbereitung

Für eine philosophische Gruppenstunde sollte man sich mit dem Thema sicher fühlen. Leg als erstes eine Grundfrage fest. Beim Thema Gerechtigkeit kann das zum Beispiel die Frage "Was ist gerecht?" sein. Dazu kann man sich selbst in der Vorbereitung ein Mindmap zur entsprechenden philosophischen Frage anfertigen. So können die eigenen Gedanken dazu geordnet werden und damit ein roter Faden für das Gespräch entstehen.

Es ist hilfreich, wenn man sich 10 bis 20 weiterführende Fragen/Begriffsklärungen überlegt, falls das Gespräch "stecken" bleibt.

 

Kriterien für Fragen

  • Fragen sollen nach Meinungen, Gefühlen, Ahnungen, Fantasien … suchen und nicht Wissen abfragen.
  • Mit Entscheidungsfragen, auf die nur mit ja oder nein geantwortet werden kann, sparsam umgehen, da sie einen Gesprächsfaden beenden, deshalb am besten eine Warum-Frage dranhängen.
  • Nach Gründen für oder gegen eine Ansicht fragen: Wie kommst du darauf, dass …
  • Nach weiteren Gründen oder Antworten fragen: Wie könnte es denn noch sein?
  • Identifikationsfragen stellen: Was würdest du an der Stelle von X tun?
  • Auf Unterschiede hinweisen: Wie passt deine Antwort zu der von A vorher? Was ist der Unterschied?
  • Benutzte Wörter und Begriffe klären: Was verstehst du unter …? Was ist gemeint mit …?

 

Beginn des Gesprächs

Der Einstieg soll zum Thema hinführen und persönliche Betroffenheit oder Irritation erzeugen. Dabei dürfen keine vorgefertigten Antworten geliefert werden. Möglichkeiten dafür sind etwa Bilderbücher, Geschichten, Fotos, Bodenbilder, Spiele … .

 

Wichtiges für die Gesprächsleitung

Die Gesprächsleitung sollte bei den ersten Malen bei der vorbereiteten Gruppenleitenden liegen. Diese achtet auf die Einhaltung der gemeinsamen Gesprächsregeln, die Zeit und das Thema. Dabei kann etwa ein Gesprächsball hilfreich sein, um die Redeordnung einzuhalten. Die Person gibt durch weiterführende Fragen inhaltliche Impulse, ohne den eigenen Standpunkt einzubringen. Zwischendurch sollten die bisherigen Aussagen zusammengefasst, die Beiträge geordnet und bei Unklarheiten nachgehakt werden. Dabei können folgende Fragen helfen:

  • Warum denkst du, dass das so ist?
  • Kannst du das begründen? / Warum ist das so?
  • Was könnten andere Gründe sein?
  • Kannst du ein Beispiel oder Gegenbeispiel nennen?
  • Hat jemand eine andere Sicht?
  • Kann jemand das Gegenteil beschreiben?
  • Wie kann man das anders bezeichnen?
  • Was verstehst du unter …?
  • Versuche es anders/genauer zu erklären.
  • Was ist gemeint mit …?
  • Kann jemand diesen Gedanken in eigenen Worten wiederholen?
  • Denkst du, dass es immer so ist?
  • Gilt das für alle Menschen auf der Welt/ Kinder und Erwachsene?
  • Gibt es eine Möglichkeit zu wissen, dass es wahr ist?
  • Kann man das (überhaupt) wissen?
  • Sind diese beiden Gedanken dasselbe oder unterscheiden sie sich? Wenn ja, wie?
  • Wenn man diesem Gedanken nachgeht, was folgt dann daraus?

 

Ende des Gesprächs

Die Gesprächsleitung kann nach dem Gespräch den Verlauf kurz zusammenfassen und/oder den Kindern die Möglichkeiten geben, ihre Gedanken oder offenen Fragen nochmals mitzuteilen. Offene Fragen können notiert werden und in einer weiteren Einheit nochmals betrachtet werden. Wenn ein Kind möchte, kann es bei seiner Frage die Gesprächsleitung alleine oder mit einem/r Gruppenleiter/in übernehmen.

Überlegt, ob es zum Abschluss der Gruppenstunde noch einen zum Thema passenden Ausklang gibt, wie ein Spiel, eine Zeichnung, eine Bastelei.

 


Quellen:

www.kinder-philosophieren.de, www.kinderphilosophie.ch

 

 

Philosophieren und Theologisieren

Philosophieren sucht Antworten auf die Fragen des Lebens und öffnet immer den Raum für neue Gedanken.

Theologisieren ist Philosophieren über explizit religiös-christliche Inhalte, meist aus einer Glaubenshaltung heraus.

Tipps

Gruppenstunden und Praxisbausteine

Eine philosophische Gruppenstunde: Wenn Jesus ein Mädchen wäre

Theologisieren: von Löchern im Bauch und Igel im Herz

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Sarah Krejza

ist mit Begeisterung Mitglied des Ministrant*innen Arbeitskreises in Linz.