Kirche – Raum für Kinder?!

10.11.2021 | von Michaela Druckenthaner
Zu Gast in einer fremden Kirche. Gleich neben dem Eingang steht eine Kiste mit Kinderbüchern: Mein Sohn schnappt sich eins und macht es sich gemütlich. Wo es Bücher gibt, fühlt er sich wohl. Auch in der Jungschar wollen wir, dass Kinder sich in unserer Kirche willkommen fühlen – das fängt im Kirchenraum an.

Kirchen sind Erwachsenenräume, genauso wie unsere Liturgie eine Erwachsenenliturgie ist. Dennoch sind Kinder Teil unserer Pfarr- und Feiergemeinde und gehören wesentlich mit dazu, wenn wir Jesu Worte ernst nehmen: „Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes.“ (Markus 10,14, Einheitsübersetzung).

Für eine kinderfreundliche Gestaltung von Kirchenräumen ist die Aktionsbandbreite groß: von der einfachen Anschaffung einer schönen Bücherkiste bis zum Umbau und dem Herausnehmen von Kirchenbänken, damit für die Kinder ein freier Platz entsteht, wo sie sich in der Nähe des Altars auf für Kinder passenden Sitzmöbeln versammeln können. Kinder sollen die Kirche für sich entdecken und kindgerecht erleben können. Wichtig ist dabei, dass Kirche kein Spielplatz wird, sondern als besonderer und sakraler Ort erfahrbar bleibt. Ziel ist, dass sich die Mädchen und Buben den Kirchenraum als „ihren“ Raum aneignen können und sich in der Kirche wohl und willkommen fühlen.

 

Das Projekt starten

Ein erster Schritt zu diesem Ziel ist ein Gespräch mit der Leitung der Pfarre bzw. Pfarrgemeinde. Denn dieses Thema kann grundsätzlich nur gemeinsammit dem Pfarrgemeinderat bzw. der Leitung der Pfarre/Pfarrgemeinde angegangen werden, sonst verpuffen euer Engagement und die Ideen der Kinder im Sand. Um eine möglichst große Akzeptanz der geplanten Veränderungen zu erreichen, ist es sinnvoll sich gut zu überlegen, wie die pfarrliche Öffentlichkeit informiert und eingebunden wird (Pfarrblatt, Homepage …) Holt zuerst den PGR ins Boot und die Rückendeckung der Pfarrleitung ein und startet dann mit einer Bedürfniserhebung mit Kindern und Eltern.

Gemeinsam mit den Kindern könnt ihr der Frage nachgehen: Wofür wird ein Kirchenraum überhaupt gebraucht? Was tut man da? Was habt ihr hier drin schon erlebt? Welche räumlichen Angebote für Kinder gibt es in unserer Kirche schon? Zum Beispiel eine Kinder-Ecke mit einem Tisch, Malgelegenheit, Bücherkorb, Pinnwand, Krabbelteppich .... 

 

Kinder und Eltern fragen

Als zweiten Schritt gilt es herauszufinden, was die Mädchen und Buben brauchen, um gut da und dabei sein zu können: Was gefällt dir an unserer Kirche? Was hättest du gerne anders?  Was fehlt dir?

Wo möchtest du dich gerne aufhalten im Kirchenraum? Was wünscht du dir in der Kirche?  

Diese Fragen könnt ihr auch kreativ bearbeiten: einen Kirchen-Innenraum, wie ihr ihn euch am besten vorstellt, mit Lego/Duplo bauen, zeichnen oder malen. Bei der Präsentation solltest du als Gruppenleiter*in Stichworte festhalten, damit die Ideen der Kinder nicht verloren gehen.

Macht doch mal eine Kirchenraum-Begehung mit den Kindern: Wo möchtest du am liebsten sitzen? → Grünes Post-it anbringen. Wo fühlst du dich gar nicht wohl? → Rotes Post-it hinkleben. Jedes Kind präsentiert die Post-its und erklärt, warum es sich dort wohlfühlt oder nicht. Anschließend könnt ihr euch „auf den guten Plätzen“ zusammensetzen und miteinander sammeln, was ihr euch noch in der Kirche wünscht.

Kinder und Eltern zu befragen, was sie brauchen, um sich in der Kirche wohl zu fühlen, ist ein erster Schritt. Wie wäre es mit Interviews im Pfarrcafé? Im direkten Gespräch – vielleicht auch mit mehreren am Tisch – entstehen oft die spannendsten Ideen. Mit älteren Kindern kann im Vorfeld eine Einstiegsfrage formuliert und weitere Fragen überlegt werden. Ein oder zwei Kinder sind dafür zuständig, das Wichtigste aus dem Gespräch zu dokumentieren.

Bezieht die Eltern mit ein – denn nur wenn auch sie sich wohl fühlen, werden sie mit den Kindern in die Kirche kommen. Eltern fallen oft ganz praktische Dinge ein, wie zum Beispiel ein ganz leiser Türschließer, denn falls sie doch mal den Kirchenraum verlassen müssen, ist es unangenehm, wenn die Tür während des Gottesdienstes laut ins Schloss fällt. Oder eine Wickelmöglichkeit im Pfarrhof-WC, das dann auch offen ist, ein kleines Stockerl beim Waschbecken, damit die Kinder selbstständig Hände waschen können …

 

So gelingt die Umsetzung

Am Endes der Bedürfniserhebung steht eine Präsentation im PGR und in der Pfarrleitung – am besten präsentieren die Kinder selbst ihre Ideen und Bedürfnisse. Schlagt dem PGR ein paar unmittelbare Maßnahmen vor und bringt weiterführende Ideen immer wieder ein.

Eine solche unmittelbare Maßnahme könnte zum Beispiel eine Kinder-Ecke sein. Viele Pfarren machen gute Erfahrungen damit einen bestimmten Bereich für die Kinder zu reservieren. In den Pfarren, wo es das noch nicht gibt, herrscht oft die Angst davor, dass es zu laut oder unruhig werden könnte, wenn sich die Kinder während der Gottesdienste in solchen Ecken aufhalten. Dazu braucht es klare Regeln für Kinder und Eltern und einen wertschätzenden Umgang auch von Seiten der Pfarrgemeinde.

Allerdings ist es mit dem „Aufstellen“ einer Kinderecke nicht getan. Es braucht Menschen, die sich darum kümmern und verschiedene Angebote für Kinder auch in anderen Bereichen des Pfarrlebens mitdenken. Wichtig ist auch die Bereitschaft sich gemeinsam darüber auszutauschen, Verschiedenes abzuwägen und auszuprobieren und dabei sowohl tolerant als auch authentisch im Umgang miteinander zu sein.

Das räumliche Angebot und Willkommen braucht ebenso ein zeitliches Angebot, das für Kinder interessant ist: ansprechende Kindergottesdienste, eine Jahresfestkreisgruppe, Jungschar- und Ministrant*innen-Stunden, eine Kirchenschatzsuche oder einen Kinderchor …, die als kinderpastorale Angebote die Pfarre beleben. Dann kann die Pfarre ehrlich von sich sagen: Wir sind eine kinderfreundliche Pfarre! Du bist bei uns willkommen!

 

Hilfreiche Checklisten für die kinderfreundliche Kirchenraumgestaltung findest du hier und hier.

Michaela Druckenthaner

ist Theologin und Geistliche Assistentin sowie Kinderpastoralreferentin bei der Katholischen Jungschar Linz.